Wenn die Schule zu einem Schicksals-Ort wird
Der Hilferuf der Gemeinde Großenwiehe nach Unterstützung bei Schul-Neubau-Projekt bleibt bisher ungehört – Bürgermeister Jaspers (SSW) sieht Konfliktpotential und sorgt sich um den sozialen Frieden.
SCHULBAU
Großenwiehe. Die Aufbruchstimmung in Großenwiehe ist gedämpft.
Grund: Die wachsenden Sorgen um die Existenz der Grundschule werfen derart große Schatten, dass Bürgermeister Keno Jaspers von einem Schicksalsereignis für die 3300 Seelengemeinde spricht, bei dem er sich sogar um den sozialen Frieden sorgt. Aber der Reihe nach.
»Wenn es uns nicht gelingt, zeitnah eine neue Grundschule zu bauen, dann sind viele unserer großen Bemühungen bei unserer Dorfentwicklung hinfällig. Wir stehen als Gemeinde am Scheideweg«, betont Jaspers.
Hilferufe in Richtung Landesregierung in Kiel, um in dieser prekären Lage gemeinsam nach einem Ausweg zu suchen, blieben bislang ungehört.
Die Mittel fehlen
»Im Kern geht es grundsätzlich darum, dass Kommunen die weitreichenden Regierungsbeschlüsse an der Basis umsetzen müssen, bei vielen Dingen aber überhaupt nicht über die dafür erforderlichen Werkzeuge und finanziellen Mittel verfügen«, klagt Jaspers, der auf ein persönliches Anschreiben an Ministerpräsident Daniel Günther vom 4. April 2024 nicht einmal eine Eingangsbestätigung erhielt.
»Dabei müsste es doch im eigenen Interesse von Daniel Günther liegen, dass Kommunen wie Großenwiehe, die sich bereits auf den Weg in eine nachhaltige Zukunft gemacht haben, nicht als Bedarfsgemeinde enden und dann am finanziellen Tropf des Landes hängen bleiben.«
"Wir stehen als Gemeinde am Scheideweg."
Keno Jaspers – Gemeinde Großenwiehe – Bürgermeister
Szenario droht
Und das dieses Szenario tatsächlich droht, wird nun am Beispiel der veralteten und sanierungsfalligen Grundschule sichtbar.
Dazu der Bürgermeister: »Allein die Auflagen, die mit dem Brandschutz zusammenhängen, machen deutlich, dass eine Sanierung der Schule überhaupt keinen Sinn ergibt. Doch um einen Neubau finanzieren zu können, der mindestens 15 bis 16 Millionen Euro kosten dürfte, fehlen uns Fördergelder, die auch in den nächsten Jahren nicht in Aussicht gestellt sind.«
Von dem schon vor einigen Jahren entstandenen Grundgedanken, einen multifunktionalen Campus an der Hauptstraße zu errichten, haben sich die Großenwieher mittlerweile schon wieder verabschiedet.
Sparmodell
Doch selbst das Sparmodell – im Alleingang »nur« eine neue Grundschule zu bauen – gibt die Gemeindekasse im Moment nicht her.
Aussichten, die Einnahmenseite aus einem wachsenden gewerblichen Steueraufkommen (z.B. zusätzliche Windkraftanlagen) zu verbessern, sind gut, allerdings nicht von heute auf morgen umzusetzen. »Doch diese Zeit haben wir im Moment nicht, da wir uns jetzt mit den Auflagen für den Brandschutz und damit um die Zukunft der Grundschule kümmern müssen«, verdeutlicht Jaspers die Zwickmühle, in der der Gemeinderat steckt.
Ausweg gesucht
Ein Ausweg, so das Gemeindeoberhaupt, wäre, wenn die für den Brandschutz zuständige Kreisbehörde eine Art Genehmigungs-Aufschub erteilt, womit Jaspers und seine Mitstreiter Zeit hätten, um einen tragbaren Finanzierungsplan für eine neue Schule aufzustellen.
Gelingt dieses Vorhaben allerdings nicht, ja dann fürchtet Jaspers um die positive Entwicklung, die sich in der Gemeinde abzeichnet.
»Neuer Dorfkern, möglicher Hotelneubau, Gewerbeansiedlung, Straßen- und Wegeinfrastruktur, Vereinsleben oder auch die Quartierslösung mit einem autarken Wärmenetz sind alles Aspekte die zeigen, dass wir auf einem richtig guten Weg sind. Vieles droht wegzubrechen, wenn wir zum Sparkurs wegen des Schulneubaus gezwungen werden, den wir im Moment nicht einmal selbst im Alleingang finanzieren können.«
Leistungen streichen
Und der Bürgermeister sieht noch weitere Konsequenzen im Fahrwasser dieses Szenarios. »Wir wären dann auch dazu gezwungen, unsere freiwilligen finanziellen Gemeindeleistungen auf den Prüfstand zu stellen, und davon wäre dann auch das Leben der dänischen Minderheit im Ort betroffen.«
Dem nicht genug: Da auch Großenwiehe – wie alle Kommunen im Land – zusätzlichen Wohnraum für weitere Flüchtlinge, die erwartet werden, nach gesetzlicher Vorgabe von Bund und Land schaffen muss, ist der eigene finanzielle Handlungsrahmen zusätzlich eingeschränkt.
Sozialer Frieden
»Man stelle sich vor, wir können keine neue Schule bauen, verlieren damit unseren Schulstandort, müssen freiwillige Leistungen streichen und machen als Gemeinde in Sachen positiver Entwicklung komplett eine Rolle rückwärts. Zugleich erfüllen wir aber über die Amtsumlage unsere gesetzliche Pflicht, zusätzlichen Wohnraum für Geflüchtete zu schaffen. Dann weiß ich nicht, wie unsere Bürger, die sich bei der Integration der rund 60 Flüchtlinge, die heute in unserer Gemeinde leben und mit großem ehrenamtlichen Engagement der Bewohner integriert werden, reagieren«, sorgt sich Jaspers um den sozialen Frieden in seiner Gemeinde, die eigentlich im Aufwind ist.
Autor: Volker Metzger